Laura

Was bedeutet es mit einer chronischen, lebenseinschränkenden Krankheit aufzuwachsen? Damit einen Beruf zu erlernen und trotz den Therapien einen möglichst selbstständigen Lebensalltag zu führen? Laura erzählt uns davon und lässt uns so einen Moment innehalten und darüber nachdenken, dass längst nicht alles selbstverständlich ist. Lassen sie sich von ihrem Mut und ihrer positiven Lebenseinstellung überraschen.


Laura: Das Leben immer positiv sehen – egal was kommt. So ist meine Einstellung zum Leben.

Ich heisse Laura Wunderlin und bin im Januar zwanzig Jahre alt geworden. Damit verändert sich vieles für mich! Ich habe vom Kinderspital UKBB ins Universitätsspital Basel gewechselt, weil ich im wahrsten Sinne des Wortes «zu alt» bin und nun zu den Erwachsenen gehöre. Dies war nicht so einfach für mich. Auch die Kinderspitex der Nordwestschweiz werde ich ab jetzt leider nicht mehr beanspruchen können, denn ich wechsle zu der Erwachsenenspitex - was mir auch nicht so leichtfällt.

Ich leide seit meiner Geburt an Cystischer Fibrose – einer unheilbaren Lungenerkrankung – bei der sich Schleim in der Lunge bildet und es zu Infekten kommt, welche die Lunge fortlaufend schwächen und das Atmen dadurch immer schwieriger wird. Das Lungenvolumen nimmt immer mehr ab. Die letzte Therapiemöglichkeit ist eine Lungentransplantation. Dies wurde bei mir schon abgeklärt und höchstwahrscheinlich komme ich auf die Warteliste für eine mögliche Transplantation.

In meinem Leben gab es immer wieder zahlreiche Spitalaufenthalte und die waren als Kind immer sehr mühsam. Mit der Zeit wurden sie zur Gewohnheit und ich fand mich damit ab. So war ich regelmässig 1× im Jahr für zwei Wochen im Spital und es war ziemlich langweilig und manchmal habe ich mich auch einsam gefühlt, denn die Familie und Freunde waren zuhause und meine Location war im Spital. Als ich älter wurde, war dies kein Problem mehr, aber es war trotzdem nicht toll.

Mit 16 Jahren habe ich meine Ausbildung zur Dentalassistentin begonnen und seitdem häuften sich meine Spitalaufenthalte. Zum Glück gelang es, meine Therapien von nun an vermehrt ambulant durchführen zu lassen. So musste ich nur noch 3–4 Tage im Spital bleiben, um die Antibiotika einzustellen und die Kinderspitex Nordwestschweiz kam für die restlichen Tage zu mir und führte die Antibiotikatherapie durch. Es war eine grosse Erleichterung, dass ich im gewohnten Umfeld sein konnte und meine Familie und Freunde nicht diesen langen Weg auf sich nehmen mussten, um mich im Spital zu besuchen. In dieser Zeit war ich froh zuhause zu sein und das Essen von Mami zu haben, denn das schmeckt immer noch am besten.

Das Team der Kinderspitex-Frauen, die mich während dieser Zeit gepflegt haben, ist super und sie sind immer sehr freundlich und einfühlsam. Ich wurde immer sehr gut verstanden. Ein grosses Lob an euch.

Ich habe schon vieles in meinem Leben gemeistert – dies trotz meiner Krankheit, die mir manche Steine in den Weg gelegt hat. Doch ich habe die Steine überwunden. Als ich mitten in meinen Abschlussprüfungen für meine Ausbildung war, ging es mir gar nicht gut – ich hatte wieder einen Infekt mit hohem Fieber und musste schlussendlich ins Spital. Doch es hinderte mich nicht daran, an den Prüfungen teilzunehmen. Mit vielen  Schmerzmedikamenten ging ich an die Prüfungen. Und es hat dank meinem Kampfgeist und der positiven Einstellung geklappt. Ich habe meine Ausbildung zur Dentalassistentin erfolgreich abgeschlossen und bin sehr stolz darauf. Die Autoprüfung habe ich ebenfalls während der Ausbildung erfolgreich absolviert. Ich lege euch ans Herzen: denkt immer positiv und seid stark – egal was kommt – es zahlt sich aus!

Als Cystische Fibrose-Patientin bin ich nicht allein. Ich konnte mit Stefan Büsser – der ebenfalls an dieser Erkrankung leidet – ein Interview machen und habe mich sehr darüber gefreut. Man kennt Ihn vom Radio SRF 3, vom TV oder von Comedy-Auftritten. Stefan Büsser steht in der Öffentlichkeit und geht offen mit dieser Erkrankung um.

Er hatte eine normale und schöne Kindheit. Die Mitschüler gingen sehr easy mit der Erkrankung um. Stefan Büsser wollte schon immer ins Radio und in die Medienwelt. Bevor er zum Radio ging, hat er eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Mit 16 Jahren begann er mit Internetradio – zusammen mit einem Kollegen. Später wechselte er dann zum Radio top, danach zum Radio Energy. Seit drei Jahren moderiert er beim SRF 3. Sein Beruf macht er mit einer grossen Leidenschaft und das wirkt sich positiv auf seine Gesundheit aus.

Seine intravenösen Antibiotikatherapien macht er 1× jährlich prophylaktisch, um die Lunge wieder «zu reinigen». Die CF soll sein Leben nicht dominieren. Er geht zwar bewusst mit der Cystischen Fibrose um und macht Physiotherapie und inhaliert täglich, versucht aber die Freizeit nicht nach der CF auszurichten.

Ich sehe dies ebenfalls so. Man sollte trotzdem ein normales Leben führen und das tun, worauf man Lust hat. Zwar ist es in gewissen Situationen schwierig – aber es geht.
Stefan Büsser geht es aktuell sehr gut, so dass er momentan keine Transplantation benötigt – die Abklärungen dazu hat er aber ebenfalls bereits gemacht.

Kinderspitex: Im Dezember 2017 machten wir bei Laura die erste Antibiotikatherapie per Infusion bei ihr zu Hause. In verschiedenen Abständen braucht sie eine solche Therapie, die meist zwischen 10 bis 14 Tage dauert. Entweder hat sie eine Lungenentzündung oder es ist zur Vorbeugung.

Konkret heisst dies, dass wir in diesen Zeiten - je nach Verordnung – zwei oder dreimal täglich zu Laura nach Hause gehen. Dort bereiten wir die Kurzinfusionen vor und verabreichen diese per Venenkatheter direkt ins Blut. Das Ganze dauert jeweils eine Stunde. Dazwischen ist sie mit eingebundenem Arm aber frei. Bevor wir von der Kinderspitex in den Einsatz kamen, musste Laura die ganze Zeit im Spital verbringen. Die Vorteile zu Hause überwiegen klar: das eigene Bett, das Essen der Mutter, die Freiheit, z.B. spontan etwas Leckeres aus dem Kühlschrank holen, häufigerer Besuch der Freundinnen, rausgehen ohne jemanden zu fragen, in der vertrauten Familie sein usw. Kurzum; für Laura und die ganze Familie bedeutet es auf jeden Fall mehr Lebensqualität.

Für uns von der Kinderspitex bedeutet es bei jeder neuen Anmeldung eine grosse Herausforderung. Meist wissen wir erst zwei bis drei Tage bevor Laura nach Hause gehen kann Bescheid. Dann geht’s los! Wir müssen einerseits das ganze Team informieren und einen Einsatzplan erstellen, was bei drei Einsätzen pro Tag – Morgen, Mittag und Abend – nicht ohne ist. Dank der tollen Zusammenarbeit und der hohen Flexibilität der Mitarbeiterinnen gelingt es uns jeweils, die Einsätze abzudecken. Darauf sind wir ein bisschen stolz. Die Kurzfristigkeit dieser Einsätze bedingt eine Anpassung unserer eigenen Tagesplanungen.

Gibt es etwas Negatives? Ja, das ganze Material für die Infusionstherapie zu Hause aufzubewahren. Das sind etwa vier Kartonschachteln, die verstaut werden müssen bis zur nächsten Therapie.

Auf die Frage, wie Laura die grosse Abhängigkeit von verschiedenen Personen erlebt, sagt sie spontan: «Das ist für mich normal, ich kenne nichts Anderes». Sie habe sich nie überlegt, wie es wäre ohne diese chronische Krankheit. Manchmal sei es nervig immer wieder dasselbe erklären zu müssen – z.B. warum sie so dünn und klein ist und immer wieder husten muss.

Nun kommt es zum Wechsel zur Erwachsenen-Spitex. Wir von der Kinderspitex sind darum besorgt, durch eine gute Einarbeitung der Erwachsenen-Spitex, für alle eine angenehme Übergabe zu ermöglichen. Und dann gilt es Abschied zu nehmen.

Laura, wir von der Kinderspitex durften dich begleiten und konnten durch unsere Arbeit zu deiner Lebensqualität beisteuern. Das erfüllt uns mit grosser Dankbarkeit. Wir wünschen dir auf dem weiteren Lebensweg alles Liebe und Gute und du begeisterst uns mit deiner positiven Einstellung. Du hast schon mehr erreicht, als viele Gesunde. Wir haben viel von dir gelernt. Mit einer positiven Einstellung geht alles besser!

// Text: Laura und Christina Wyrsch, Pflegefachfrau HF
// Im Bild: Laura mit Pflegefachfrau Christina Wyrsch